Zwangsgedanken hilfe: 6 Wege gegen belastende Gedanken und Gefühle

Zwangsgedanken Hilfe: Das Wichtigste vorab

Zwangsgedanken können sich aufdringlich und beängstigend anfühlen. Eine wirksame Zwangsgedanken Hilfe bedeutet nicht, die Gedanken vollständig „wegzumachen“, sondern besser mit ihnen umzugehen: verstehen, annehmen, Distanz gewinnen und neue Verhaltensweisen üben. Akzeptanz, freundliche Selbstzuwendung und eine klare Kommunikation mit dem Umfeld sind dafür zentral.

Therapeutische Ansätze bei Zwangsstörung Betroffene von Zwangsstörungen schämen sich oft für ihre Erkrankung. Akzeptanz, Annahme und Wohlwollen in der Beziehung und Kommunikation sind deshalb besonders wichtig. Und viele Erkrankte profitieren von einer spezifischen Therapie.

Zwangsbetroffene schämen sich oft für ihr Zwangsverhalten, weil sie sich bewusst sind, dass dieses für andere oft nur schwer nachvollziehbar ist. Alltägliche Verrichtungen wie einen Küchenboden zu reinigen, kann zu einem unüberwindbaren
Albtraum werden, der aufgrund der Zwangsrituale vier Stunden dauert. Oder eine volle Tüte Lebensmittel nach dem Einkauf zu entsorgen, weil die Kassiererin ein Pflaster an der Hand getragen hat, da kommt man sich ganz schön „blöd“ vor.

Wenn wir es mit Schamgefühlen zu tun haben, dann sind Akzeptanz, Annahme und Wohlwollen in der Beziehung und Kommunikation besonders wichtig. Betroffene fühlen sich oft beschämt, wann immer man mit ihnen über Sinn oder Unsinn einer Zwangshandlung spricht. Wie beispielsweise: Sie sehen doch, dass der Herd aus ist. Besser formuliert: Es ist bestimmt sehr belastend, sich gedrängt zu fühlen, etwas zu tun, was man selbst als sinnlos und übertrieben betrachtet.

Unter Zwangsstörungen leiden nicht nur Betroffene, sondern auch die Angehörigen.

Auch wenn Zwangshandlungen weder rational noch zielführend sind, folgen sie doch einer inneren Logik. Sie sind ein Bewältigungsversuch im Umgang mit schwierigen Gefühlen. Eine Leitemotion ist Angst, andere Gefühle, wie Schuld- oder Schamgefühle und Ekel sind ebenso bedeutsam. Diese Gefühle werden mit den Zwangshandlungen unterdrückt oder vermieden.

Unsicherheit und Rückversicherungen: Typische Denkfallen bei Zwangsstörungen

Zwangshandlungen beseitigen das Gefühl von Unsicherheit nicht vollständig. Um Ängste und Zweifel zu beruhigen, schaffen die Betroffenen ein Netzwerk von Menschen um sich herum, die ihnen immer wieder Beruhigung geben. Das können Angehörige sein und auch Fachpersonen. Bist du sicher, dass ich die Türe abgeschlossen habe? Ist es wirklich nicht gefährlich, wenn ich mir die Hände jetzt nicht desinfiziere?

Diese Fragen kommen oft wiederholt vor. Von Angehörigen wie auch von Fachpersonen kommt oft ein natürlicher Impuls Sicherheit zu geben. Das ist verständlich, aber nicht hilfreich, da es die Zwangssymptome verstärkt.

Die Fragen zu beantworten, führt längerfristig zu einer größeren Unsicherheit. Der Prozess ist oft schleichend, er beginnt oft mit kleinen Hilfestellungen durch die Angehörigen, die sich zunehmend ausweiten. Im Verlauf merken sie, dass ihre gutgemeinte Mithilfe die Situation nicht verbessert. Sie selbst beginnen sich im Zwangssystem gefangen zu fühlen und wissen oft nicht mehr, wie sie eigene Freiräume zurückerobern können.

Angehörige möglichst früh einbeziehen

Unter Zwangsstörungen leiden nicht nur Betroffene selbst, sondern auch die Angehörigen. Fragen Sie Angehörige direkt nach der Mithilfe bei den Zwängen und wie es ihnen damit geht. Dauert die Mithilfe schon länger an, ist es ratsam, Veränderungen über einen längeren Zeitraum anzugehen, damit Betroffene und Angehörige nicht überfordert sind. Es ist wichtig, Angehörige oder nahe Bezugspersonen möglichst früh in die Behandlung und Beratung mit einzubeziehen. Die Erfolgsaussichten einer Behandlung werden dadurch erhöht.

Beantworten Sie Fragen, die Zwangsbetroffene stellen, grundsätzlich nicht zu schnell. Vor allem, wenn es sich um Fragen handelt, die in gleicher Form und wiederholt gestellt werden. Für Zwangserkrankte ist es schwierig zu akzeptieren, dass es keine 100%ige Sicherheit im Leben gibt.

Es geht darum, dass Betroffene lernen, dass Unsicherheit ein normaler Bestandteil des Lebens ist. Das klingt vielleicht zunächst befremdlich. Wie sollte man lernen, mit Unsicherheit klar zu kommen? Unangenehme Gefühle sind unangenehm und bleiben es, wenn man mit ihnen akzeptierend arbeitet.


Dennoch führt der Weg über die Annahme und das Fühlen von unangenehmen Emotionen. Die Akzeptanz- und Commitment- Therapie (ACT) bietet viele praktische Übungen an, um Patienten darin zu unterstützen.

Podcast- Tipp: In Folge 43 von Zwangspause sprechen wir darüber, wie du starke Gefühle besser aushalten kannst- ein Thema, das auch Angehörige und Fachpersonen im Umgang mit Zwangssymptomen immer wieder beschäftigt.

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Zwangsgedanken Hilfe

Die beste Reaktion: keine
Was passiert bei Zwangsgedanken? Ich stehe vor der U-Bahn und habe den Gedanken, ich könnte jetzt mit nur einer Armbewegung jemanden vor die einfahrende Bahn schubsen. Wenn ich jetzt über diesen Gedanken nachdenke und bewerte, dann erschrecke ich: Oh mein Gott, wie kannst du nur so etwas schrecklich Aggressives denken? Bedeutet das, ich wäre im Stande das zu tun? Je mehr ich über den Gedanken nachdenke, ihn bewerte, desto bedeutsamer wird er. Jetzt spüre ich körperlich Anspannung, vielleicht sogar Angst vor mir selbst. Warum produziert mein Kopf solche Gedanken?

Menschen mit einer Zwangsstörung messen ihren eigenen Gedanken viel zu große Bedeutung zu. Wenn ich so etwas denke, bedeutet das: etwas in mir will das. Betroffene denken, dass Gedanken eine Vorbereitung auf Taten sind. Denken bedeutet eine Vorstufe von Tun und Wollen. Beides ist nicht der Fall. Es gibt überhaupt keinen Grund, jedem Gedanken, auch wenn er aggressiv und brutal, ekelerregend und schockierend ist, so viel Bedeutung zuzumessen.

Gedanken sind nur Gedanken

Gedanken sind keine Fakten. Man kann Gedanken als Vorschläge unseres Geistes sehen, die wir weiterverfolgen können, wenn wir möchten – oder die wir einfach fallen lassen können.

Nicht mit Zwangsgedanken interagieren

Unser Gehirn funktioniert wie jeder Computer-Algorithmus oder Browser. Alles, was angeklickt und gelikt wird, davon bekommen wir mehr. Je mehr Unfallnachrichten gegoogelt werden und mit solchen Inhalten interagiert wird, desto mehr von diesen Inhalten werden präsentiert, wenn der Browser das nächste Mal geöffnet wird.

Das Gehirn wird jetzt ständig mit potenziellen Gefahren und schockierenden Nachrichten gefüttert. Das verzerrt die Wahrnehmung der Realität. Denn wenn jemand anderes seinen Browser öffnet, kommen andere Inhalte. Unser Gehirn funktioniert ähnlich. Wenn wir ein bestimmtes Engagement als Reaktion auf einen Gedanken zeigen, und zusätzlich erschrecken (emotionale Beteiligung) und daraufhin etwas unternehmen müssen (Handlungsebene), interpretiert unser Gehirn das als besonders relevant und interessant. Jetzt wird immer mehr davon geliefert. Zwangsgedanken treten dann immer häufiger auf.

Das ist für Betroffene eine Katastrophe, weil sie dann immer mehr und nochmals darüber nachdenken müssen. Sie kommen nie zu einem Punkt. Wenn der Geist versucht, Sicherheit herzustellen, indem er Gedanken nochmal und nochmal beleuchtet, lernt unser Gehirn daraus – ah, sehr spannend und produziert mehr davon. Nicht mit Zwangsgedanken zu interagieren ist die Königsdisziplin. Das ist nicht einfach, aber erlernbar. Distanzierungstechniken im Umgang mit Gedanken finden sich in der Akzeptanz- und Commitment-Therapie.

Achtsamkeitsübungen hilfreich

Zudem hilfreich ist es, zu lernen, Gedanken zu beobachten und sie als das betrachten zu können, was sie sind: Gedanken. Achtsamkeitsübungen können helfen, die Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment zu lenken, weg von den Gedanken. Im Hier und Jetzt kann die Umwelt mit allen Facetten wahrgenommen werden: die schöne Wiese, der frische Duft von Gräsern, das Zwitschern der Vögel. Die Aufmerksamkeit kann auf Körperempfindungen gerichtet werden, wie die sanften Bewegungen des Bauches, während man atmet.

Betroffene in einer akuten Krise, mit starken Zweifeln und fortwährendem Grübeln schaffen es oft nicht, diesen Teufelskreis selbst zu durchbrechen. Unterstützen Sie Betroffene in einer akuten Situation, indem Sie Achtsamkeitsübungen anleiten. Solche Übungen sind in der Regel sehr entlastend.

Podcast- Tipp: In Folge 20 von Zwangspause sprechen wir darüber, wie du Zwangsgedanken links liegen lassen kannst.

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Welche Therapie ist möglich?

Zur Behandlung von Zwangsstörungen ist den S3-Leitlinien zufolge die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Exposition und Reaktionsmanagement die Therapie der ersten Wahl. Sie gilt als Goldstandard in der Behandlung von Zwangsstörungen. Die Zwangsstörung lässt sich nach heutigem Wissenstand erfolgreich behandeln. Eine Mehrheit der Zwangserkrankten profitiert von einer störungsspezifischen Therapie, die zu einer Verbesserung der Symptome oder sogar zu einer Symptomfreiheit führt.


Eine Pharmakotherapie mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern wird nur empfohlen, wenn die KVT nicht ausreichend wirkt, nicht verfügbar ist, von Patienten abgelehnt wird oder wenn die Erkrankung so schwer ist, dass eine KVT mit Exposition nicht durchführbar ist.

Die kognitive Verhaltenstherapie leitet sich von den behavioristisch- lerntheoretisch begründeten Therapieverfahren ab. Innerhalb der kognitiven Verhaltenstherapie wird Kognitionen bezüglich psychischer Vorgänge eine wichtige Rolle zugeschrieben. Sie haben eine Auswirkung auf Emotionen und Verhalten und beeinflussen sich darüber hinaus auch wechselseitig. Sogenannte dysfunktionale Kognitionen tragen zu psychischen Störungen bei.


Deshalb geht es in der Therapie darum, die dysfunktionalen Kognitionen in funktionale zu verändern. Die kognitive Verhaltenstherapie kennt verschiedene therapeutische Methoden. Ein Kernelement für die Behandlung von Zwangsstörungen ist die Exposition mit einem Reaktionsmanagement. In der Therapie stellen sich die Patienten ihren Ängsten und anderen
unangenehmen Gefühlen und verzichten dabei auf die gewohnten

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Dieser Artikel von mir ist 2023 in einer Artikelreihe zum Thema Zwangsstörungen in „PflegeKolleg“ einer Fortbildungsreihe in der Zeitschrift Heilberufe – Pflege einfach machen, vom Springer Verlag erschienen.

Du möchtest noch tiefer in das Thema Zwangsstörungen einsteigen? Unsere anerkannte Weiterbildung vermittelt praxisnahes Wissen – für Fachpersonen, Peers, Angehörige & Betroffene.

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In dieser Podcastfolge sprechen wir darüber, wie man starke und unangenehme Gefühle besser aushalten kann- mit praktischen Strategien, die sofort umsetzbar sind.

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